Mein erstes Mal Wagyū

Mein erstes Mal Wagyū

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Das hier ist es also. Dieses rotweiche, hübsch weiß marmorierte Stück Fleisch. Wie ein kleines Kunstwerk der Natur liegt es

da. Und es sieht kost-bar aus, im zweifachen Sinne.

Wie ‚kost-bar‘ ist das teuerste Fleisch der Welt?

Wenn man Chefgrillmeister Andrea dabei zusieht, wie er mit dem Messer gekonnt seinen Schnitt zieht, überkommt einen tatsächlich ein bisschen Aufregung. Schließlich hat man vorab reichlich recherchiert, um zu begreifen – hey, Leute – das hier ist nicht einfach nur irgendein leckeres Stück Fleisch, das darauf wartet auf heißem Rost zu garen. Das hier ist das teuerste Fleisch der Welt.

01-Wagyu-roh2Was da auf kühler Marmorplatte liegt, das ist das erste Wagyū-Steak meines Lebens. Und obendrein noch ein echtes! Also ein japanisches. Das wahre Wagyū also, über das alles spricht. Das Fleisch eben, das in aller Munde liegt. Na ja, im übertragenen Sinne jedenfalls. Denn dafür wäre es ja schlichtweg zu teuer. Ein Kilogramm echtes, originales, japanisches Wagyū-Fleisch kostet bis zu 300 Euro. Und nun möchte ich wissen, ob es diesen Preis denn eigentlich auch wert ist.

„Je Fett“ desto ‚umami‘

Um Wagyū ranken sich die Mythen. Jene Geschichten von Rindern, die regelmäßig massiert werden, damit sich das Fett besser im Muskelfleisch verteilt. Die Bier zum Trinken erhalten. Und die ihre Hufe und Hörner zu klassischer Musik rhythmisch bewegen dürfen. „Alles Blödsinn“, meint Wagyū-Experte Otto Mattivi vom Beef Tasting Hidalgo. „Tatsache ist aber: Die Tajima-Rinder zählen zu einer außergewöhnlichen Art. Die Gene dieser Rasse zusammen mit dem Futter und der Aufzucht machen die unverwechselbare Qualität aus.“ Hinzu kommt, dass die Rinder deutlich länger am Leben bleiben dürfen als üblich. So kann das Fett sich nach und nach aufbauen. „Je mehr Fett, desto besser!“ meint Otto. „Aber kein Grund für die Damen auf diesen Geschmack zu verzichten! Diese Fette enthalten einen Anteil von ungesättigten Fettsäuren von 2:1 im Vergleich zu herkömmlichem Fleisch. Die enthaltenen Omega 3 und Omega 6 Fettsäuren sind für den Körper essentiell, deshalb sprechen wir von gesunden Fetten.“ Wagyū-Fett ist also … gesünder!

01-japanese-meat-grading-BMSQualität ist alles. Und die Qualitätskontrollen in Japan sind außergewöhnlich streng. Die Tiere müssen reinrassig sein, dürfen nur natürliches Futter erhalten haben und ihr Fleisch wird nach der Schlachtung begutachtet. Die Prüfer verteilen Noten, von 1 bis 5, wobei 5 die Bestnote ist. Je mehr Fett, desto besser die Bewertung. Auch die Farbe des
Fleisches und der Marmorierung spielen für die Bewertung eine Rolle. Und dann gilt noch: je marmorierter, desto besser. Denn je durchzogener, desto ‚umami‘. Bei der Marmorierung spricht man vom BMS, dem Beef Marbling Standard. Wobei 1 fast keine Marmorierung aufweist und 12 die Meiste. Zudem wird der Fleischertrag geschätzt von A für überdurchschnittlich viel, über B für durchschnittlich und C für unterdurchschnittlich. Aus Zahl und Buchstabe ergibt sich dann die Gesamtnote. Das beste Wagyū, welches man also bekommen kann, hat die Gradierung A5 8-12.

Fleischgold

Ich schaue Andrea bei der Zubereitung meines wertvollen Stücks über die Schulter. „Da das Fett schon bei 25°C zu schmelzen beginnt, schneiden wir die Stücke dünn, können so die leckere Marmorierung erhalten und innen eine lauwarme Temperatur gewährleisten. Das Fleisch wird ca. 30 Sekunden bei 800-900°C im Hidalgo Spezial Grill ganz nahe an der Hitzequelle gebraten. Das ist schonend, da es nicht langsam erhitzt, sondern schnell und kurz auf „Tempera-Touren“ kommt und so den Geschmack vollständig entfalten kann. Wichtig ist ebenfalls, dass das Wagyū nicht gewendet wird, denn das bringt die Säfte durcheinander.“ erklärt er mir. Soweit so Appetit.

Genug geschwafelt

So viel Theorie. Jetzt kommt der entscheidende Moment. Das erste Mal echtes, originales, japanisches Wagyū im Mund spüren. Ich frage einen wahren Fleisch-Experten, einen Grill-König und Wagyū-Liebhaber vorab, was mich da gleich erwarten wird. Otto Mattivi dazu: „So etwas kann man nicht erklären. Das muss man selbst probieren. Diese Konsistenz, diese Weichheit! Und der Geschmack ist einfach anders, als alles was man bisher im Leben kennengelernt hat. Rundum edel. Wenn du ein Stück in den Mund nimmst, erlebst du eine Welle von Aromen, die dich überwältigt. Es ist fast wie bei einem fantastischen Wein. Nur viel besser.“

Und plötzlich wird es leise im Saal des Hidalgo Beef Tasting – die Verkostungsteller werden hereingetragen. Dem Fleisch die Bühne. Dies ist die perfekte Location. Und einen sanften Schnitt später spüre ich dieses unglaublich zart schmelzende, kernige und zugleich butterweiche Stück Fleisch in meinem Mund, das mich nicht an Rind erinnert, sondern viel vollkommener ist. Unsagbar mild, rund, weich und doch so geschmacksintensiv. Für solchen Genuss fehlen die Worte.

Fazit eines Abenteuers der Fleischeslust: Wenn man darauf vorbereitet ist, hier nicht jenen Geschmack und jene Konsistenz zu schmecken und zu spüren, die man von ‚normalem‘ Fleisch gewohnt ist, und wenn man weiß, dass man sich hier auf etwas vollkommen Neues einlässt, dann gerät man tatsächlich ins Staunen. Echtes Wagyū ist faszinierend anders. Besser als der Rest. Umami zu 100%. Sein Geld wert? Für Fleischliebhaber bestimmt.

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